Leinen – der uralte Super-Stoff

Linum perenne (Flachs)
Linum perenne (Flachs) ©istock/MartaJonina

7 Dinge, die Sie über Leinen bestimmt noch nicht wussten

Leinen hat eine uralte Geschichte, ungewöhnlich zahlreiche positive Eigenschaften und ebenso viele unterschiedliche Verwendungsarten. Dennoch haben wir von CarlMarie noch ein paar überaus interessante Fakten gefunden, die Sie bestimmt noch nicht über dieses Textil kannten:

1. Leinen schützt nicht nur vor Sonne, sondern ist auch gegen Radioaktivität resistent
Zu einem dauerhaften Favoriten für langärmlige Sommershirts und luftige Strandbedeckungen ist Leinen nicht nur wegen seiner hervorragenden Kühleigenschaften, sondern vor allem auch wegen seiner fast schon unglaublichen Resistenz gegen jede Art von Strahlung geworden. Starken Schutz bieten die Leinenfasern gegen UV- und Gammastrahlen und sogar starker Einfluss von Radioaktivität hat gegen Leinen keine Chance. 2007 pflanzte ein Team von Wissenschaftlern in den stark verstrahlten Böden um das ukrainische Tschernobyl Flachs und stellte erstaunt fest, dass die hohe Radioaktivität den Pflanzen kaum etwas anhaben konnte. Es ist wohl kaum ein Wunder, dass eine der ältesten menschlichen Kulturpflanzen die vergangenen Jahrhunderte unbeschadet überstanden hat.

2. Shatnez-Wolle und Leinen dürfen nicht miteinander verwoben werden
Gemäß verschiedener Textstellen in der Thora, dem heiligen Buch der Juden, und in der Bibel, dem heiligen Buch der Christen, dürfen von den wahren Gläubigen keine Stoffe getragen werden, in denen Wolle und Leinen miteinander verwoben sind. Das Wort Shatnez ist eine Abkürzung für Shua, Tavei und Noz (Mischen und Weben von Fäden). In der Kabbala wird das Wort mit Satan Az (Eherner Satan) erklärt. Wolle und Leinen können allerdings gleichjzeitig getragen werden, wenn sie nicht miteinander verwoben sind. In Israel müssen alle Textilien gekennzeichnet werden, bei denen der eine oder andere Stoffanteil über fünf Prozent liegt. Nach der Thora darf allerdings kein einziger Faden Wolle oder Leinen in das jeweils andere Material gemischt sein. Heute gibt es sogar Speziallabors, die von frommen Textilexperten betrieben werden, um zu testen, ob das Kleidungsstück aus Wolle UND Leinen besteht. Laboratorien, die auf Shatnez prüfen, verwenden häufig ein Mikroskop, um alle Bestandteile des Gewebes zu identifizieren. Ein Gläubiger, der auf das Einhalten des Shatnez-Verbotes achtet, erwartet nach der Thora die maximale Segnung. Bei Zuwiderhandlung werden seine Gebete für ganze 40 Tage nicht beachtet. Das Verbot wird auch in mehreren Stellen in der Bibel erwähnt, allerdings auch, dass Engel stets Tücher aus Leinen tragen.

3. Leinen – der Stoff aus dem die (Dollar)-Träume sind
Nach wie vor besteht die US-Papierwährung des Dollars zu 75 Prozent aus Baumwolle und zu 25 Prozent aus Leinen. Auch zahlreiche andere Länder der Welt verwenden hohe Bestandteile des robusten und abriebfesten Leinens in ihren Banknoten. Im Euro und anderen Währungen, wie zum Beispiel beim Australischen Dollar, werden aber schon seit vielen Jahren Kunstfasern verarbeitet.

4. Flugzeuge aus Flachs
Die Pionierjahre der Luftfahrt sind ohne die Verwendung von leinenverstärkten Materialien kaum denkbar. Bis weit in die 1950er Jahre wurde Leinen dank seiner Leichtigkeit und Formbarkeit umfangreich beim Bau von Flugzeugen eingesetzt. Tatsächlich hat sich die Produktion von Flachs im Laufe des Zweiten Weltkriegs nur deswegen verfünffacht, um mit der Nachfrage nach Flugzeugen der Luftwaffe Schritt zu halten.

5. Casanova schwor auf Leinen-Kondome
In der Renaissance stand der menschliche Körper im Zentrum des Interesses und mit ihm natürlich auch die sexuelle Betätigung. Einer der größten Liebhaber des Matratzensports war mit Sicherheit Giacomo Casanova. Die ersten Kondome wurden in dieser Zeit hergestellt und der „größte Liebhaber aller Zeiten“ soll intensiv Gebrauch davon gemacht haben. Es gab solche aus Tierdärmen und andere aus chemisch behandelten Leinen. Casanova soll letztere bevorzugt haben.

6. Flachs-Explosion im Dritten Reich
Ein wichtiger ökonomischer Grundgedanke der Nationalsozialisten war es, sich von der Weltwirtschaft völlig unabhängig zu machen. Im Rahmen dieser sogenannten „Autarkiebestrebungen“ wurde auch der Anbau von Flachs stark forciert. Die mit Flachspflanzen bebaute Nutzfläche stieg von 1933 bis 1937 von ursprünglich nicht mehr als 5.000 Hektar auf sagenhafte 100.000 Hektar an. Ganze Flachswerke wurden zu dessen Verarbeitung errichtet. Besonders lange währte das Interesse am Flachsanbau allerdings nicht. Heute wird diese Pflanze in Deutschland nur noch auf lediglich 30 Hektar und in Österreich auf 125 Hektar angebaut. Zum Vergleich: In Weißrussland belaufen sich die genutzten Anbauflächen auf 71.000 Hektar.

Alexander der Große mit Leinenpanzer (Linothorax)
Alexander der Große mit Leinenpanzer (Linothorax) © Berthold Werner, Alexander and Bucephalus – Battle of Issus mosaic – Museo Archeologico Nazionale – Naples BW, CC BY-SA 3.0

7. Der Linothorax schützte auch den Körper Alexander des Großen
Im antiken Griechenland entwickelte sich der sogenannte Linothorax zu einer wichtigen Form der Rüstung. Dabei handelte sich um einen Brustpanzer, bei dem mehrere Schichten aus Lein übereinander geklebt wurden. Durch Leim und Leinen wurde dieses Laminat überaus zäh und für zahlreiche Stichwaffen nahezu undurchdringlich. Die Rüstung war so wirksam, dass sie auch von den Reitern der verfeindeten Perser übernommen wurde. Wie genau der Linothorax hergestellt wurde, ist heute unbekannt. Allerdings zeigen verschiedene Malereien und künstlerische Darstellung seine umfangreiche Verwendung. Dass auch Alexander der Große diese Rüstung (welche sich durch Körperwärme perfekt an den Oberkörper anpasste) einem geschmiedeten Bronzepanzer vorzog, zeigt seine berühmteste Darstellung, die auf einem Bodenmosaik im ausgegrabenen Pompeij gefunden wurde. Linothoraxe galten zu ihrer Zeit als teilweise so kostbar, dass sie als Weihegeschenke in die Tempel gestellt wurden.

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