Leinen – der uralte Super-Stoff

Stoffrollen aus Leinen
Stoffrollen aus Leinen ©istock/eugenesergeev

Leinen vs. Baumwolle vs. Wolle

Vor- und Nachteile von Leinen gegenüber anderen Naturfasern

Leinen hat sehr nützliche Vorteile und wurde doch vor allem von der Baumwolle und diversen Kunstfasern fast komplett aus unserem Alltag verdrängt. Mittlerweile feiert das aus Flachs gewonnene Garn allerdings wieder seine Rückkehr gerade in die Welt der Bekleidung. Wir von CarlMarie wollen hier deshalb die Vor- und Nachteile von Leinen aufzeigen und somit Ihre Wahl für das nächste Textil etwas einfacher gestalten.

Vorteile:

Gute Körperverträglichkeit
Leinen ist tatsächlich einer der wenigen textilen Stoffe, die unser Körper ohne Einschränkungen vertragen kann. Damit ist es neben seiner antibakteriellen Eigenschaft auch ideal für Nähte und Bandagen. Leinen hat außerdem starke nicht-allergene Eigenschaften und ist deshalb vielen Menschen mit Allergien, vor allem denen mit einer Allergie gegen Hausstaub-Milben zu empfehlen.

Große Materialstärke, Robustheit und Formkonstanz
Leinen ist vor allem auch wegen seiner Robustheit beliebt. Es ist bis zu doppelt so stark wie Baumwolle und bis zu dreimal stärker als Wolle. Der Stoff ist überaus stabil und verliert auch bei jahrelangem Gebrauch kaum seine Form. Leinen kann hohen Temperaturen und auch großem Abrieb mühelos standhalten. Außerdem ist es von Natur aus resistent gegen Motten. Aufgrund seiner Robustheit ist Leinen ideal für Polster- und Industrieprodukte geeignet. Vorhänge, Tischdecken, Betttücher und Geschirrtücher sind übliche Wäschestücke aus Leinen, die im Haushalt zu finden sind. Dass es auch der bevorzugte Stoff für Ölgemälde war, leitet sich schon aus dem Begriff der „Leinwand“ ab.

Geringe Elektrostatik und deshalb fusselfrei
Leinen ist einer der wenigen Stoffe, in dem sich keine statische Elektrizität ansammelt. Studien haben gezeigt, dass Stoffe nur zehn Prozent Leinen enthalten müssen, um die lästige elektrische Ladung zu beseitigen. Die geringe Elektrostatik macht Leinen zu einem fusselfreien Material, das sich auch sehr widerstandsfähig gegen Staub und viele Arten von Flecken zeigt.

Flachs-Fasern für die Herstellung von Leinen
Flachs-Fasern für die Herstellung von Leinen ©istock/Yevhenii Orlov

Hohe Saugfähigkeit
Leinen nimmt Feuchtigkeit auf, ohne danach Bakterien zu enthalten. Tatsächlich ist es im nassen Zustand sogar noch robuster und stärker als im trockenen. Und wird umso weicher und geschmeidiger, je mehr es gewaschen wird. Leinen ist stark saugfähig und kann aufgrund seiner molekularen Struktur über 20 Prozent seines Eigengewichtes an Flüssigkeit aufnehmen, bevor es sich feucht oder nass anfühlt. Mit anderen Worten: Ihr Leinenhemd absorbiert viel Schweiß und es ist unwahrscheinlich, dass es sich jemals klamm anfühlt – denn Wasser verdunstet aus Leinen genauso schnell wie an irgendeiner anderen Oberfläche.
Wenn Sie ein Kleidungsstück aus Leinen tragen oder in Leinentüchern schlafen, berühren nur die oberen Fasern Ihre Haut. Diese absorbieren den Schweiß, quellen auf und geben die Feuchtigkeit sofort wieder an die Außenluft ab. Daher entsteht ein Material, welches sich durch Verdunstung selbst abkühlt. Leinenstoffe wurden gerade in der Vergangenheit oftmals nur deshalb sehr lose gewebt, um sie für Damenbinden und Windeln noch saugfähiger zu machen.

Luftdurchlässigkeit und Kühlung
Flüssigkeit wird von Leinen also schnell absorbiert und verdampft. Das Ergebnis ist ein hervorragendes Kühlsystem. In Leinenstoffe gekleidete Personen fühlen so gegenüber Seiden- oder Baumwollträgern einen Temperaturunterschied von bis zu 4 Grad Celsius. Diejenigen, die Leinen tragen, schwitzen bis zu 1,5-mal weniger als in Kleidung aus Baumwolle und noch weniger als in Kleidung aus anderen Materialien. Doch wie genau funktioniert das? Aufgrund seiner spezifischen Materialstruktur bleibt Leinengewebe deutlich weiter weg von der Haut als andere Textilien.
Leinen ist ein verhältnismäßig „steifer“ Stoff und ermöglicht so einen besseren Luftstrom über den Körper. Sommerkleidung aus Leinen besitzt somit eine außergewöhnlich hohe Luftdurchlässigkeit, wodurch diese leicht durch den Stoff strömen und der Körper atmen kann. Die allgemeine Wärmeleitfähigkeit von Leinen ist sogar fünfmal höher als bei Wolle und unglaubliche 18 Mal höher als bei Seide.

Nachhaltigkeit
Der Grundstoff von Leinen – Flachs – ist widerstandsfähig, kann auch in sehr schlechten Böden wachsen und verbraucht damit deutlich weniger Wasser als zum Beispiel Baumwolle. Unbehandelt – das heißt auch ungefärbt – ist Leinen vollständig biologisch abbaubar und recycelbar und somit ein Musterbeispiel für ökologische Nachhaltigkeit.

Kostbarkeit
Aufgrund des hohen Zeitaufwandes und der Mühseligkeit bei der Verarbeitung von Flachs zu Leinen (oftmals sogar in manuellen Verfahren) ist das Garn zu einer Art „Luxusgewebe“ geworden. Dabei ist Leinen gleichzeitig einer der stilvollsten Stoffe der Modegeschichte.

Nachteile:

Natürlich hat Leinen gegenüber anderen Naturfasern wie Seide, Wolle und Baumwolle auch ein paar ganz entscheidende Nachteile. Als Material hat es vor allem eine sehr geringe Elastizität. Dadurch knittert Leinen sehr stark. Flachsfasern sind porös und dehnen sich kaum. Absolute Vorsicht ist deshalb beim Bügeln und auch beim Falten angebracht. Wird Leinen ständig an denselben Stellen geknickt und gebügelt, reißen oder brechen die Fasern irgendwann. Diese Beschädigung führt außerdem zum Ausbleichen der Farben. Von echten Liebhabern von Leinen werden diese Falten übrigens als Zeichen der Echtheit des Stoffes angesehen.

Im dritten Teil unseres Beitrags geht es um interessante Fakten und die Eigenschaften von Leinen: 7 Dinge, die Sie über Leinen bestimmt noch nicht wussten.