Wie entstehen eigentlich Modetrends?

Zwei Hipster
©istock/DisobeyArt
Noch vor 100 Jahren war Mode eine Sache von wenigen Menschen. Und denen vorbehalten, die Zeit und Geld dafür hatten, sich diesen Luxus zu leisten. Heute hingegen ist Mode, oder um es hip zu sagen „Fashion“, in aller Munde und jedermanns Sache. Doch eines hat sich nicht geändert. Heute wie damals dreht sich die Bekleidungsfrage immer um den berühmten „Trend“.

Ob Frisuren, Kleidung, Musik oder Unterhaltungsindustrie – die Suche nach oder die Ausrufung eines „Trends“ scheint in unserer zeitgenössischen Kultur allgegenwärtig geworden zu sein. Doch was verbirgt sich eigentlich hinter diesem Begriff? Wann ist etwas Trend und wann schon Mode? Und wie entwickeln sich Trends überhaupt?
Wir von SUNNY DESSOUS haben uns auf die Spuren eines scheinbar nicht festzumachenden Phänomens begeben und stellen euch außerdem 6 moderne Arten vor, wie heute Modetrends entstehen.

Inhaltsverzeichnis

Erst wagemutig, dann intelligent, dann lächerlich und letztendlich Stil

Auf die Frage, was denn ein Modetrend sei und wie er sich entwickele, hatte der damals bekannte Modehistoriker James Laver 1937 eine schnelle Antwort. Was ein Trend ist, gilt zuerst als „wagemutig“. Ein Jahr später kommt er in Mode und gilt als „intelligent“. 20 Jahre später wird er „lächerlich“ und 50 Jahre später zum „Stil“. Und obwohl das Tempo der Modebranche durch die wachsende Massenproduktion im Laufe des vergangenen Jahrhunderts rapide anstieg, behielten Modetrends ihre relativ langen und vorhersehbaren Lebenszyklen bei. Jede Saison aufs Neue veröffentlichten Mode-Experten ihre Prognosen darüber, welche Farben, Stoffe, Schnitte und Stile in der nächsten Saison „in“ sein werden. Designer machen daraus die entsprechende Kleidung, Journale wie „Vogue“ oder „Brigitte“ machen die Trends publik und kurz darauf sind die trendigen Textilien auch schon im Handel.
Doch das Internet hat diese Abläufe innerhalb weniger Jahre auf den Kopf gestellt. Denn heute bestimmt Social Media die Geschwindigkeit und Trends entstehen über Nacht und verschwinden genauso schnell wieder. Getrieben vom World Wide Web hat sich der Speed der Mode-Medien dramatisch beschleunigt und liefert heute quasi täglich neue Trend-Nachrichten ab. Trends flackern auf wie Neon-Lichter und ein unendlich schnelleres und turbulenteres Umfeld, in dem Marken, Prominente, Magazine, Blogger und Endverbraucher in den sozialen Medien aufeinander einwirken, haben Einfluss darauf, was „in“ und „aus“ der Mode ist.

Was ist Mode und was ein Trend?

Doch langsam. Um die Entwicklungen von heute zu verstehen, gilt es zunächst zu klären, was ursprünglich mal mit den Worten „Mode“ und „Trend“ gemeint war. Das Wort „Mode“ stammt von dem lateinischen Wort „modus“ ab und bedeutet soviel wie „Art und Weise“, „Verfahrensweise“ oder „Form des Vorgehens“. „Trend“ hingegen ist eigentlich ein englisches Verb und bedeutet übersetzt, sich in eine Richtung zu „drehen“ oder zu „wenden“. Kombiniert man die Begriffe, dann bedeutet ein Modetrend zunächst erstmal, dass sich eine gewisse Vorgehensweise in eine bestimmte Richtung wendet. Und diese Entwicklung hält solange an, bis sie in einer Art Status Quo ankommt. In Bezug auf die Mode wird hier gerne auch vom Mainstream gesprochen. Ein Trend verschwindet also entweder wieder oder wird irgendwann zur Mode. Bis sich von dort aus der nächste Trend in Bewegung setzt. Die Mode beschreibt damit den sich ständig ändernden Stil der Kleidung, die von Personen mit kulturellem Status getragen wird. Ein Modetrend tritt dann auf, wenn andere diesen Kleidungsstil nachahmen. Moden variieren innerhalb einer Gesellschaft im Laufe der Zeit stark und sind dabei abhängig von Alter, Beruf, sexueller Orientierung, Standort und sozialer Schicht. Modetrends können plötzlich sehr populär werden, verschwinden aber im Laufe der Zeit und können dann recycelt werden und in den kommenden Jahren wieder als Inspiration dienen.

Von Trendsettern, über Style-Guides zum Kunden

 

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Die Frage, wer wann von wo einen Trend in Gang setzt, ist gar nicht so leicht zurückzuverfolgen. In den 1950er und 1960er Jahren waren das vor allem die Designer großer Modehäuser wie Givenchy, Dior oder Chanel. Einen immensen Einfluss hatte auch die Filmbranche mit ihren Jungstars Marlon Brando, Marilyn Monroe oder James Dean. Nicht zu vergessen, die Rock- und Popstars wie Elvis und die Beatles. Eine erste Form des Einflusses der Jugendkultur und damit einer Art Street-Style gab es in den 1970er Jahren durch die Hippie-Kultur. Danach kamen die Trendsetter und Fashionistas, die eine interessante, außergewöhnliche Idee hatten und diese in ihrem Kleidungsstil umsetzten. Trendscouts hielten nach solchen kreativen Einfällen Ausschau und hielten ihre Mode-Einfälle in sogenannten Style-Guides fest. Spätestens wenn die Dinge im damals omnipräsenten Otto-Katalog landeten, waren sie im Mode-Mainstream angekommen und für die Avantgarde längst schon wieder out.

Vom Designstudio innerhalb von zwei Wochen in den Läden

So lief das zumindest bis vor kurzem ab. Die Zeiten, in denen Mode-Päpste, mächtige Mode-Magazine oder Kataloge eine Art Torwächter für das Durchlassen nur einer oder zumindest weniger Visionen spielten, scheint endgültig vorbei. Heute ist die Idee, dass ein paar Leute in einem Raum sitzen und entscheiden, welche Farben in zwei Jahren oder welche Materialien in drei Jahren in der Mode verwendet werden, längst Vergangenheit. Social Media hat die Trendlandschaft massiv verändert und bringt solche Trends in den Mainstream, die vor zwanzig Jahren nur im Underground hip gewesen wären. Heute macht sich kaum noch einer die Mühe, Prognosen herauszugeben. Lieber bieten die großen Modehäuser Inspirationen für Kreative, damit diese Trends kreieren. Und dann geht es einfach nur um Reaktionsschnelligkeit. Das spanische Mode-Unternehmen Zara zum Beispiel schafft es, ein Produkt innerhalb von nur zwei Wochen von den Design-Studios in die Geschäfte zu bringen. Über 10.000 solcher neuer Designs spuckt der Textil-Gigant so jährlich aus und verpasst damit kaum einen Trend.

Trend oder Lifestyle?

 

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Was sich früher teilweise über einen sehr langen Zeitraum vom Underground in den Mainstream gearbeitet hat, kann heute durch die grellen Scheinwerferlichter der Social Media-Kanäle auch schnell überbelichtet werden. Die Popularität des Tiger-Shirts von Kenzo zum Beispiel explodierte vor ein paar Jahren regelrecht. Doch dann war es auf Instagram und Pinterest auf einmal so allgegenwärtig, dass es nach bereits einem Monat als völlig uncool galt. Trends, so sehen es mittlerweile viele Analysten, seien deshalb heute schnell sehr offensichtlich und deswegen auch kurzlebig. Deswegen setzen viele Mode-Firmen darauf, nicht einen Trend zu kreieren oder ihm zu folgen, sondern lieber eine größere und stabilere Umgebung um ihre Produkte herum – einen sogenannten Lifestyle – zu kreieren. Solche Mode-Lifestyle werden mittlerweile auch von den sehr einflussreichen Modebloggern und Instagram-Fashion-Ikonen bevorzugt. Statt eines oder weniger Produkte werden auf deren Plattformen ganze Stil-Universen aus Frisuren, Kleidung, Schuhen, Accessoires, Musik, Festivals, Nightlife, Fitness und Ernährung entworfen. Innerhalb eines solchen Biotops lassen sich dann einzelne auf das ganze Konzept abgestimmte Produkte ganz wunderbar in die Trend-Maschine werfen.

Von wegen Individualismus

Ein „Modetrend“ war noch bis vor wenigen Dekaden DAS Zauberwort der Modewelt. Irgendwo in einer Designerstube, einem Institut oder einer Ideenwerkstatt wurden Prognosen gemacht, danach wurden Kleidungsstücke angefertigt. Und irgendwann, wenn das alles Mainstream geworden war, sahen irgendwie auch alle gleich aus. Heute hingegen kommen und gehen die Trends in rasender Geschwindigkeit. Der Individualismus hat sich durchgesetzt und jeder zieht an, was er will.
Tatsächlich?
Die deutsche Mode-Bloggerin Lena Lademann, deren Instagram-Account 100.000 Follower hat, ist da mittlerweile ganz anderer Meinung. Sie sagt: „Die Social Media-Accounts werden einander immer ähnlicher.“ Und sie sagt auch: „Heute fühlen sich die Menschen im Konsens wieder sicherer“. Keiner nähme sich heute mehr die Zeit, seinen persönlichen Stil herauszuarbeiten. Viele, so Lademann, fühlten sich nach den ganzen Turbulenzen der vergangenen beiden Dekaden im Konsens sicherer.
Wenn das mal nicht der nächste Trend ist…

Im zweiten Teil haben wir eine kleine Geschichte der Trends und Moden seit den 1960er Jahren für Euch.