FKK – die radikalste Form von Body Positivity

Manndeckung mit Sommerhut am FKK Strand
Manndeckung mit Sommerhut©istock/grinvalds
Nacktbaden, Nacktschwimmen, Nudismus oder einfach nur Freikörperkultur - die Hüllen fallen zu lassen, um einfach nur frei und unbeschwert in der Natur zu sein, hat viele Namen und eigentlich einen Zweck: Hier geht es um Selbstakzeptanz des eigenen Körpers und das Verschwinden von Konventionen und Grenzen. Zwar sind FKK-Strände bei Jugendlichen nicht mehr ganz so populär und im Rückgang begriffen. Dafür gibt es aber mittlerweile immer mehr Bereiche in denen Nacktsein erwünscht ist und gefördert wird.

Nackt-Wandern, Nackt-Yoga oder sogar eine FKK-Kreuzfahrt sind mittlerweile schwer angesagt. Wir von CarlMarie haben uns auf die historischen Spuren der Freikörperkultur gemacht und erklären außerdem, wie und wo sich die Nackt-Kultur heute finden lässt.

Wer sich die Frage stellt, wo der Nudismus erfunden wurde, der kommt an Deutschland nicht vorbei. Anfang des 19. Jahrhunderts war das Deutsche Reich die leistungsfähigste Industrienation Europas und seine Städte waren schmutzig und überbevölkert. Das war der perfekte Nährboden für diverse sogenannte Lebensreform-Bewegungen. Durch den ungehinderten Kontakt mit Sonne, Licht und Luft sollten die Menschen von der zerstörerischen Lebensweise gesunden. Außerdem ging es um die Befreiung von Scham und damit von sozialer Ungleichheit. Frei sollte der Mensch sein und sich losgelöst von gesellschaftlichen Konventionen und Zwängen unbeschwert in der Natur bewegen.

 

Den ersten offiziellen Nacktbadestrand gab es auf Sylt

So entstand bereits 1898 in Essen der erste FKK-Verein der Welt. Schon wenig später waren auch Berlin und Umgebung sowie die Strände an Nord- und Ostsee von der neuen Bewegung erfasst. 1920 wurde auf Sylt der erste offizielle Nacktbadestrand eröffnet und symbolisierte die rasant wachsende Popularität der Freikörperkultur. Das Ende der Kaiserzeit bedeutete auch das Auflockern von Moralität und Konservatismus. Es war die Zeit der Goldenen Zwanzigerjahre, die von Hedonismus, Experimentierlust und sozialer Unkonventionalität geprägt waren.
Am Motzener See, in der Nähe von Berlin, entstand ein erstes großes Zentrum des Nudimus. Hier trafen sich Schriftsteller, Schauspieler, Sänger und andere Künstler mit Angehörigen aller anderen Schichten und Milieus im Adamskostüm und zelebrierten damit eine klassenlose Gesellschaft.

Sonnenbaden oben ohne
©istock/OcusFocus

 

FKK-Land DDR

Die Machtübernahme der Nazis beendete die Aktivitäten diverser Lebensreform-Bewegungen abrupt. Erst in den Kriegsjahren entdeckten die völkischen Ideologen die Freikörperkultur als besonderes Mittel für die „rassische, gesundheitliche und sittliche Hebung der Volkskraft“. Der sogenannte „Bund für Leibeszucht“ hatte nun in dieser Angelegenheit das Sagen. Mitten im Krieg, erst 1942, trat eine Verordnung in Kraft, die das Nacktbaden an speziellen Orten ausdrücklich erlaubte. Die Teilung Deutschlands ließ auch die FKK-Kultur in beiden Teilen eine andere Entwicklung nehmen.
Im Westen blieb die Freikörperkultur eine Angelegenheit der Vereine. In der DDR hingegen war das Nacktschwimmen- und sonnen bis weit in die Sechziger Jahre hinein sogar als unmoralisch verpönt. Doch dann setzte sich mehr und mehr Volkes Wille durch und die FKK-Strände schossen wie Pilze aus dem Boden. Ab Mitte der 70er Jahre war dann an der Ostsee Textil fast vollständig verdrängt. FKK wurde somit zu einem Massenphänomen der DDR und für deren Bürger fast schon identitätsstiftend.

FKK – Vertrauen, Respekt und die Abwesenheit von Inszenierung

Einer der Ur-Ideen des Nudismus und Naturalismus ist die Entsexualisierung der Nacktheit. Zwar gibt es – zum Beispiel im französischen Cap d`Agde oder im Orient Resort der Karibikinsel St. Martin – Resorts, die ein starken Bezug zur Sex- und Swingerszene haben, aber im Allgemeinen steht das eben gerade nicht im Mittelpunkt der Freikörperkultur. Vielmehr soll mit zunehmender Gewöhnung ein Gefühl von Verbundenheit, Entgrenzung und Freisein entstehen. Der Körper wird hier nicht inszeniert. Physische Unzulänglichkeiten, Körperformen oder Behaarungen sind den Nudisten egal. Im Grunde wird hier die radikalste Form der Selbstakzeptanz und Body Positivity betrieben. Gregor Gysi, Präsident der Europäischen Linken, drückte das in einer Äußerung zum Thema so aus: „FKK steht für Selbstbewusstsein und den Ausbruch aus gesellschaftlichen Zwängen. Das ist wichtig und förderungswürdig.“

Nackter Mann an wildem Badestrand
©istock/tupikov

Die führenden FKK-Länder: Deutschland, Österreich und Italien

In konservativ, puritanisch oder religiös geprägten Ländern wie Polen, Großbritannien oder der Türkei ist das Zeigen von nackter Haut stark tabuisiert. Dafür hat es in anderen Ländern einen hohen Akzeptanzgrad innerhalb der Bevölkerung. Die drei führenden Nationen in Sachen Freikörperkultur sind Umfragen zufolge Österreich, Deutschland und Italien. In Österreich können sich satte 76 Prozent der StrandbesucherInnen vorstellen, völlig ohne Textil zu baden und zu sonnen. In Deutschland sind es 72 Prozent und in Italien 71 Prozent.

Nudistenkreuzfahrt, Nackt-Yoga und Deutschlands erster Naturistenstieg

Allerdings: Die FKK-Strände verlieren im Osten und Westen Deutschlands mehr und mehr ihren Einfluß. Das liegt vor allem auch daran, dass Nacktkultur bei der Jugend nicht mehr unbedingt populär ist. Vor allem wohl auch deshalb, weil eben heute alles und jedes Foto auf den sozialen Netzwerken umhergereicht wird und Nacktheit ohne Inszenierung dort als Peinlichkeit gilt. Dafür haben Nudisten und Naturalisten in diversen Nischen ordentlich Territorium gutgemacht. Die zahlreichen Angebote für Nudisten reichen von speziellen Camping- und Golfplätzen über Nackt-Fitness-Center, Safari-Touren und Segel-Reisen.
Selbst die großen Kreuzfahrtgesellschaften haben den Trend erkannt und bieten auf ihren Schiffen gesonderte FKK-Bereiche an. Der Kreuzfahrtveranstalter Carnival Cruise Lines bietet sogar einmal im Jahr eine Nudisten-Kreuzfahrt für 3.000 Passagiere in die Karibik an. Es gibt Nackt-Yoga und auch Nackt-Wandern. In Wippra im Ostharz wurde 2010 der erste Naturistensteig, ein Freikörper-Wander-Parcour, eingeweiht. Mittlerweile gibt es in der Lüneburger Heide einen zweiten. Ein dritter soll in Trebbin in Brandenburg entstehen.

Nackte Frau im Badesee
©istock/vuk8691

 

Oben-Ohne Mode

FKK-Kultur heißt nicht immer zwingend, dass auf alle Arten von Textilien verzichtet werden muss. So ist bei vielen Frauen auch ein Oben-Ohne angesagt, während sie doch gern die Höschen anbehalten. Ein Bikinislip schützt vor allzu neugierigen Blicken und ist das Richtige für alle Frauen, die sich nur oben ohne sonnen wollen. Wer vom FKK-Strand weg noch ein paar Wege erledigen will, vielleicht mal zwischendurch Essen geht oder ein bisschen Shoppen mag, der ist mit einem Pareo oder einer Tunika gut beraten. Die leichten und farbenfrohen Textilien nehmen nicht viel Platz weg, sind luftig, leicht und schnell zum Überziehen.
Sonnenanbeterinnen, die sich nicht komplett entblößen möchten, sind mit Bandeau Bikinis gut beraten. Mit diesem schulterfreien Textil gibt es kaum Bikinistreifen und nahtlos gebräunte Schultern. Und das ganz ohne notwendige Nacktheit. Bandeau-Bikinis gibt es in einer breiten Palette an Ausführungen. Sie reichen von komplett trägerlos bis zu Bikinioberteilen mit abnehmbaren Trägern.

 
Im zweiten Teil verraten wir Euch die besten Orte zum Nacktbaden und die 10 Regeln der Freikörperkultur.